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Medienberichte 

Unsere Gemeinden 01/2020 Rückforderungspflicht bei Negativzinsen

Rückforderungspflicht bei „Negativzinsen“

Das Zinsniveau ist auf einem historischen Tiefstand und bringt Banken langfristig wirtschaftlich in Bedrängnis. Unter Verweis auf ungültige oder überhaupt nicht bestehende Zinsuntergrenzvereinbarungen verrechnen viele Kreditinstitute Gemeinden und Unternehmern seit Jahren unrechtmäßig zu hohe Kreditzinsen. Es besteht Handlungspflicht.

Von RA Dr. Georg Zuschin MBA und RA Mag. Roman Taudes LL.M.

 

Die für die Zinsberechnung von variablen Kredit- und Leasingverträgen relevanten Zinsindikatoren, EURIBOR und LIBOR, sind seit 2015 negativ. Während bei Konsumentenverträgen auf Grund von ergangenen OGH-Entscheidungen die „Negativzinsen“ berücksichtigt werden, argumentieren viele Banken bei Kommunalkrediten mit dem angeblichen Fehlen von einschlägiger Judikatur, behaupten eine Vertragslücke, die mittels ergänzender Vertragsauslegung zu schließen wäre, oder berufen sich auf sogenannte Zinsfloorklauseln im Vertragswerk.

Verträge ohne Zinsuntergrenze

 

Findet sich in den Kredit-/Leasingverträgen keine Zinsfloorklausel, ist die Rechtslage eindeutig. Eine rechtskräftige Entscheidung des

Landesgerichtes Steyr bestätigt, dass in solchen Fällen die zu viel verrechneten Zinsen an die Gemeinden zurückzuzahlen sind. Aus verjährungsrechtlicher Sicht ist in diesen Fällen zu klären, ob nur die Zinsen für die letzten drei Jahre zurückverlangt werden können oder auch für den Zeitraum davor. Banken sind in diesen Fällen regelmäßig zu außergerichtlichen Lösungen bereit, doch ist bei Abschluss von Vergleichen höchste Vorsicht geboten. Banken versuchen oft mittels, auf den ersten Blick vermeintlich attraktiven, Angeboten die bestehende Informationsasymmetrie zum Nachteil der Gemeinden auszunutzen.

Verträge mit Zinsuntergrenze

 

Findet sich im ursprünglichen Kredit- bzw. Leasingvertrag eine Zinsuntergrenze oder wurde eine solche nachträglich in die Kreditbeziehung aufgenommen, ist zu prüfen, ob diese gültig vereinbart wurde. Laut jüngster OGH Rechtsprechung (1 Ob 75/19i) ist zwischen einer echten Zinsuntergrenze und einer Indikatoruntergrenze zu unterscheiden. Letztere ist einer Überprüfung, ob diese gröblich benachteiligend (im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB) ist, zugänglich. Da neben der Qualifikation als Indikatoruntergrenze die Gültigkeit einer solchen Klausel von weiteren individuellen Umständen abhängt, empfiehlt sich die Überprüfung durch ausgewiesene Experten. Im Hinblick auf den hohen wirt- schaftlichen Wert dieser Klauseln, sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft, ist eine Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit jedenfalls geboten.

 

Verjährung

Zeitnahes Handeln ist auch in Hinblick auf die drohende Verjährung von Ansprüchen erforderlich. Ansprüche auf Rückforderung von zu viel bezahlten Zinsen verjähren regelmäßig nach drei Jahren. Viele Banken spielen daher auf Zeit. Je länger sich die Gemeinden mit der Geltendmachung von Ansprüchen Zeit lassen, desto günstiger für die Bank. Werden Banken mit Ansprüchen konfrontiert sind sie regelmäßig bereit, einen Verjährungsverzicht abzugeben. Die Einholung von Verjährungsverzichten ist meist zwar notwendig und auch zweckmäßig, sofern gleichzeitig nicht auch Vergleichsverhandlungen geführt werden, jedoch in den meisten Fällen nicht zielführend.

 

Oft wird die Abgabe eines Verjährungsverzichtes von der Bank mit fehlender OGH-Judikatur gerechtfertigt. Da es Banken jedoch geschickt verstehen, die aus ihrer Sicht ungünstigen Fälle außergerichtlich – in der Regel mit Verschwiegenheitsklausel – zu vergleichen, ist es unwahrscheinlich, dass es zeitnahe zu einer einheitlichen anspruchsbejahenden Spruchpraxis der Gerichte kommt.

Pflicht zur Anspruchsverfolgung – Untreue


In Hinblick auf die ausreichend geklärte Rechtslage – zumindest betreffend jener Fälle, in denen keine Zinsuntergrenze vereinbart wurde – besteht für Gemeinden und deren Organe zwingender Handlungsbedarf. Werden zu viel bezahlte Zinsen wissentlich nicht zurückgefordert bzw. keine Lösung mit der Bank gesucht, kann durch dieses Verhal- ten unter Umständen der strafrechtliche Untreuetatbestand erfüllt sein.

Als Vertreter von zahlreichen Gemeinden und Städten haben wir die Erfahrung gemacht, dass nahezu alle Banken nach entsprechender juristischer Argumentation einlenken und zu wirtschaftlich fairen Lösungen bereit sind. Gerichtliche Hilfe ist in den meisten Fällen nicht notwendig. In Anbetracht drohender Verjährung und um einem etwaigen strafrechtlich relevanten Vorwurf der Untätigkeit vorzubeugen, empfehlen wir jedenfalls, die Überprüfung der variabel verzinsten Kredit- und Leasingverträge zeitnahe vornehmen zu lassen.

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